Freiheit als Episode

von Jonas Matauschek

Das Arbeitsmodell der Kunstschaffenden, ist vorallem durch die Avantgarde und dem Beginn der Moderne, stark mit der Vorstellung von Freiheit verbunden. Als prominenter Vertreter der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zählt zweifellos Joseph Beuys, vielen bekannt durch die These:

„Jeder Mensch ist ein Künstler.“

Eines der größten Kunstwerke aller Zeiten ist die Pflanzung von 7000 Eichen im Rahmen der Dokumenta VII in Kasssel 1982 unter dem Titel

„Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“

Quelle: Beuys – ein Porträt, Thomas Palzer (2001)

Joseph Beuys Theorie des erweiterten Kunstbegriffs, spricht jedem Menschen eine gestalterisches Potenzial zu, dass sich aber nicht notwendigerweise in den klassischen Disziplinen der Kunst ausdrückt, sondern eine soziale Kunst und somit Teilhabe an der Gesellschaft meint. Für ihn ist Denken eine Form von Bildhauerei und die demokratische Verfassung die größte vorstellbare Skulptur: Die soziale Plastik. In seinen Diskursen thematisiert er zudem in den 80er Jahren bereits Vorstellungen vom Recht auf Arbeit und den Ideen eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Quelle: Beuys über Beuys – Ein Gespräch, mit Walter Smerling und Knut Fischer (Januar 1985)

Für Beuys ist der Kapitalismus ein „Faulheitssystem“, welches den Menschen in keinster Weise stimuliert seine Kreativität zu gebrauchen und folglich Jeder versucht, sich vor der Arbeit zu drücken. Paradoxerweise entwickelten sich mit Aufkommen mobiler Computer und dem Internet in den 1990er Jahren neue Arbeitsmodelle des „Freelancers“, die allen vorran von Künstler_innen begrüßt worden. Der neoliberale Kapitalismus hat sich mit dem zunehmenden Verwischen der Grenzen von Arbeit und Freizeit, sowie Firmenphilosphien, die von Arbeitnehmern eine starke Identifikation mit dem Unternehmen einfordern, Künstler_innen zum Vorbild genommen. So hat sich parallel zum Faulheitsmodell (siehe 12 Jahre 40 Stunden von Willy Zwönitzer), ein neues Modell der „freiwilligen Selbstausbeutung“ entwickelt, wie es der Philosoph Byung Chul-Han beschreibt.

Quelle: ZDF – Aspekte, 2012

HANs Theorien drehen sich um einen gesellschaftlichen Erschöpfungszustand, die dem Umstand geschuldet sind, dass Effizienz wesentlich gezielter durch freiwilliges Verhalten, als durch äußeren Zwang entsteht. Arbeitnehmer und Kulturschaffende die sich heute in ihren Unternehmen und Projekten selbst den 12-14 Stunden Tag auferlegen, unterstützen eine Arbeitsauufassung die einer Selbstausbeutung gleichkommt.

Die Zitate des Essay-Videos entstammen seinem Band: Psychopolitik: Neoliberalismus und die neuen Machttechniken, S. Fischer Verlag, Frankfurt 2014

Als unsichtbarer Flaneur bewegen wir uns darin durch das GOOGLE-PLEX im Silicon Valley, Kalifornien. Im Gegensatz zu der sonstigen GOOGLE-Streetview Politik sind die Menschen hier klar erkennbar.

Besonders in der Tradition der Linken wurde immer wieder für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen eingetreten.Anstatt die Arbeit immer weiter zu befreien, wäre es an der Zeit zu überlegen wie wir uns von der Arbeit befreien können, um stattdessen selbstbestimmte Tätigkeiten aufzunehmen.

Damit die Freiheit nicht nur eine Episode gewesen ist.

Jonas Matauschek, 29.7.2017

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